
Heute habe ich Roel darum gebeten, einen kleinen Beitrag für meinen Blog zu schreiben. Roel ist CEO von Parantion und arbeitet gemeinsam mit mir im Team Scorion International. Er ist gelernter Soziologe und erzählt heute ein bisschen über seine Erfahrungen als Niederländer mit uns Deutschen. Ich habe ihn gefragt, wie es eigentlich so ist, wenn man als Niederländer plötzlich mit Deutschen zusammenarbeitet? Und ob er häufig Kulturunterschiede entdeckt oder ob wir als Nachbarn schon so eng miteinander verzahnt sind, dass über Grenzen hinweg arbeiten und kommunizieren keinen Unterschied mehr macht? Ich muss lachen, wenn ich seinen Beitrag so lese, denn irgendwie kann ich mich doch darin wiederfinden.
Marie hat mich darum gebeten, einige Zeilen über meine ersten Erfahrungen als Niederländer in der Zusammenarbeit mit Deutschen für ihren Blog zu schreiben. Das ist natürlich eine große Ehre für mich und deswegen mache ich das sehr gerne.
Als östliche Niederländer sind wir mit Deutschland in unserer unmittelbaren Nähe aufgewachsen. Als kleine Jungs haben wir oft „Die Sendung mit der Maus“ gesehen. Das holländische Fernsehen begann nämlich erst um 19 Uhr und am Sonntagnachmittag gab es gar nichts mehr zu sehen. Also haben wir oft deutsches Fernsehen geschaut. In der Sekundarschule hatten wir dann öfters einen Austausch mit deutschen Schulen. Und dort haben wir oft sehr gute Freundschaften mit den Deutschen geschlossen. Denn die konnten noch mehr und besser Bier trinken als wir Niederländer. Und davor hatten wir natürlich Respekt. Aber das war in den frühen 80er Jahren! Heute kommen viele Deutsche in die Niederlande zum Urlaub machen und wir selbst fahren regelmäßig nach Deutschland in den Urlaub.
Und doch lernt man die deutsche Kultur viel besser kennen, wenn man mit Deutschen zusammenarbeitet. Man lernt die „wahren“ Deutschen kennen, wenn man mit ihnen arbeitet. Nun bin ich gelernter Soziologe, und weiß also, dass Ähnlichkeiten und Unterschiede natürlich sehr persönlich sind. Aber es gibt auch Eigenschaften, die so regelmäßig auftauchen, dass es sich nicht um eine zufällige, persönliche Eigenschaft handelt, sondern um etwas, das man vielleicht als „typisch deutsch“ bezeichnen könnte. Und damit meine ich keine positiven oder negativen Eigenschaften. Sondern lediglich Eigenschaften oder Dinge, die wir berücksichtigen können, wenn wir mit Deutschen umgehen.
Als wichtigsten Punkt in der Zusammenarbeit mit deutschen Geschäftspartnern und Geschäftspartnerinnen würde ich „Zuverlässigkeit“ nennen. Wir hatten jetzt die Gelegenheit, etwa 20 Vorträge an deutschen Universitäten und Hochschulen in verschiedenen Städten zu halten. Die Professionalisierung der praktischen Ausbildung und insbesondere der medizinischen Ausbildung ist in Deutschland offensichtlich ein sehr wichtiges Thema. Die Scorion-Plattform scheint in Deutschland sehr erfolgreich zu sein. Neben allerlei neuen Aspekten in der Curriculums-Entwicklung und den EPAs gibt es auch einen großen Bedarf in der Digitalisierung von Prozessen. Zuerst dachte Marie, wir würden uns nicht gut genug vorbereiten. Dabei hatten wir bereits Hunderte von Präsentationen über Scorion und das Konzept des Programmatic Assessment in den Niederlanden, aber auch in einer Reihe von anderen Ländern, gehalten.
Nach drei Stunden Vorbereitung war Marie noch immer mit dem Fine-Tuning der Präsentation beschäftigt. Sie dachte darüber nach, was wir sagen könnten und was wir lieber nicht sagen sollten. „Vor allem nicht zu locker. Das mögen wir Deutschen nicht.“ Wir machen oft ein paar Witze während unserer Präsentationen. Wenn es nach uns ginge, sollte immer etwas zu lachen geben. Aber die Frage ist, ob das geschätzt wird. Meine Antwort ist: Meistens schon.
Und doch wird diese holländische Lockerheit, wenn wir darüber sprechen, auch oft geschätzt. Es muss nicht alles entlang der „hierarchischen Linien“ oder zu formell sein. Und das Schöne ist, dass wir in den größten deutschen Städten schnell feststellen, dass es auch in Deutschland nicht immer so formell ist, wie wir vermuten. Schon gar nicht nach Feierabend. Aber wie funktioniert das? Wann ist Lockerheit erwünscht und wann nicht? Wenn Sie mich fragen, dann ist die Grenze ziemlich klar.
Das heißt, es liegt am Grad der Zuverlässigkeit. Lockerheit ist sehr erwünscht. Nicht zu formell sein. Die meisten Leute im Bereich der medizinischen Ausbildung sind auch ziemlich locker. Vor allem für deutsche Verhältnisse, denke ich. Aber…. nur wenn Sie als Geschäftspartner*in dabei zuverlässig bleiben. Denn in dem Moment, in dem ein*e deutsche*r Gesprächspartner*in meint, nicht mehr professionell zu sein oder nicht mehr darauf vertrauen zu können, dass alles gut geht, hört er*sie schnell auf. Halten Sie Ihre Termine ein. Seien Sie sich über Organisation, Zeitpläne und Preise im Klaren. Pünktlich anfangen und eine deutlichen Ablaufplan haben. Das ist die Basis. Und danach gibt es viel Raum und viele Möglichkeiten, gemeinsam etwas Schönes zu gestalten. Also haben wir viel gelacht. Denn wenn die Basis stimmt, dann ist auch der Humor universell.
Natürlich gibt es noch viele weitere kleine und große kulturelle Unterschiede. Marie sagt immer:
„Wenn man die Sprichwörter eines Landes kennt, versteht man auch die Menschen des Landes.“
Und ich stimme ihr zu. Dabei ist mein Deutsch in meiner „Sendung mit der Maus“ nicht annähernd so gut wie das Niederländisch von Marie. Es gibt also noch viel zu entdecken. Zum Glück.
Zusammengefasst: Professionell kombiniert mit informell, ich denke, das ist das Rezept für eine hervorragende Zusammenarbeit zwischen den Niederlanden und Deutschland. Und natürlich ein gutes Produkt. Aber das ist schon in Ordnung.